Pfarr- und Kirchengeschichte Eggersdorf
Auch das ursprüngliche Bartholomäus-Patrozinium spricht für diese frühe Entstehungszeit. Die Pfarre wurde im frühen 15. Jahrhundert unter dem damaligen Seckauer Bischof Friedrich II. (1399 – 1414) gegründet. Allerdings wurde die Eggersdorfer Kirche in der Folgezeit teils als Pfarrkirche, teils auch als Filialkirche der Pfarre St. Ruprecht genannt. Der Ortsname findet sich erstmals im landesfürstlichen Urbar von 1220/30.
Bis ins 19. Jahrhundert bildete ein aus dem Mittelalter stammender Kirchenbau das Zentrum der Pfarre. Soweit Berichte vorlagen, waren der Chorbereich und der Turm, welcher 1689 umgebaut wurde, die ältesten Teile und als solche noch der Gotik zuzurechnen, während das Langhaus in späterer Zeit errichtet wurde. Um 1680 erfolgte eine Erweiterung durch Hinzufügung zweier Seitenkapellen. Dem zunehmenden Platzproblem versuchte man dann im 18. Jahrhundert durch die Errichtung von hölzernen Seitenemporen Rechnung zu tragen.
Die Pfarrkirche Eggersdorf war auch Ziel lokaler Wallfahrten. Schon im 16. Jahrhundert wurde die spätgotische Gnadenstatue „Maria Elend“ aus Graz nach Eggersdorf übertragen. Diese Statue befindet sich heute in unserem Pfarrgebiet in der Schafzahlkapelle.
Die mittelalterliche Pfarrkirche war dem heiligen Apostel Bartholomäus geweiht. Ab 1654 ist der hl. Florian als zweiter Kirchenpatron bezeugt. Die Ursache könnte eine heil überstandene Brandkatastrophe gewesen sein, denn Florian wird bis in die Gegenwart als Patron gegen Feuersgefahren verehrt.
Baugeschichte
Die Kirche wurde 1853 nach Abtragung der alten Kirche neu errichtet. Die Dachgleiche war am 10. August 1855 und der Kirchenraum konnte schließlich am 13. Dezember 1857 benediziert werden (Segensfeier). Die Kirchweihe fand am 25. April 1863 statt, wobei erst 1910 mit Orgel und Fenstern der heutige Bau fertiggestellt war. Die wie der Kirchenbau selbst im historistischen Stil errichtete Einrichtung wurde teilweise von einheimischen Handwerkern ausgeführt. Die Schnitzarbeiten an den Altären und der Kanzel stammen großteils vom Grazer Bildhauer Jakob Gschiel.
Nach einer ersten Außenrenovierung im Jahr 1972 ist im Jahr 2005 mit der jetzigen Farbgebung, den Anlagen rund um die Kirche und dem Mahnmal des Österreichischen Kameradschaftsbundes, Ortsgruppe Eggersdorf, dem heutigem Empfinden Rechnung getragen worden.
Kunsthistorischer Rundgang
Das Äußere
Äußerlich besticht diese Kirche vor allem durch ihre breite Doppelturmfassade im Westen, der im Osten der gerade Chorabschluss mit der dahinter angeordneten Sakristei gegenüber steht. Mit den Rundbogenfriesen und der Fenstergestaltung lehnt sich der historistische Bau an den romanischen Stilcharakter an. Seitlich des Westportals wurden 1857 zwei römerzeitliche Inschriftsteine eingemauert, die noch auf die römische Besiedelung der Gegend hinweisen. Die hölzernen Türflügel zieren Reliefs der beiden Apostelfürsten Petrus (Schlüssel) und Paulus (Schwert).
Da die früheren Glocken mit Ausnahme der Zügenglocke (Sterbeglocke) in den Weltkriegen abgeliefert werden mussten, erhielt die Kirche im Jahr 1950 ein neues Geläute, hergestellt in der Gießerei Ernst Szabo in Graz (Große Glocke, Zwölferglocke, Halber-Glocke, Messglocke, Verseh- und Wetterglocke und ein kleines "Zügen"-Glöckerl).
Südlich der Kirche steht ein barockes Kruzifix mit der trauernden Muttergottes.
Der Innenraum
Das Innere dieser Kirche ist in Anlehnung an den Bautyp einer barocken Wandpfeilerkirche mit Emporen gestaltet. Das weiträumige Langhaus besteht aus drei quadratischen Jochen mit Hängekuppeln und einem halben Eingangsjoch mit der Orgelempore. 1895 wurden die neuen Farbglasfenster eingebaut. Leider wurde bei der ersten Innenrenovierung 1962 die gesamte originale Malerei von 1882 überstrichen. Sie konnte aber bei der zweiten Innenrenovierung 1994 komplett wiederhergestellt werden. Diese betonte Farbigkeit trägt wesentlich zum Raumcharakter bei, der trotz seiner Größe Wärme und Geborgenheit ausstrahlt.
Der Hochaltar
Der flache Chorschluss wird zur Gänze vom barockisierenden Hochaltar eingenommen, der bereits 1857 weitgehend fertig gestellt war. Tätig waren hier Jakob Gschiel als Bildhauer, Josef Kainz als Kunsttischler und Anton Rath als Vergolder. Was hier wie ein Umgangsaltar konzipiert erscheint, erweist sich aber als Aufbau, in dem die Sakristeitüren untergebracht sind. Darüber erhebt sich der in rotbraun marmorierten Tönen gehaltene Aufsatz. Glatte und kannelierte Säulen mit vergoldeten Kapitellen tragen ein verkröpftes Gebälk, das in der Mitte dem Altarblatt mit dem Kirchenpatron St. Florian Platz macht und zuunterst auch den Ort Eggersdorf mit der neuen Pfarrkirche zeigt. Das Bild schuf der Grazer Maler Felbermayr. Beiderseits des großen Rundfensters wurde die Heilige Dreifaltigkeit im Auszug positioniert.
Die Heiligenstatuen zu beiden Seiten des Hochaltarblattes zeigen links Sebastian und Blasius, rechts Apolinaris und Donatus.
Im Jahr 1910 wurde vor dem bisherigen Hochaltar noch die neu eMarmor-Altarmensa mit dem vergoldeten Architekturaufsatz des Ziborium-Tabernakels aufgestellt. Die seitlichen Reliefs von Moses und den Emmausjüngern stammen noch von 1857 (J. Gschiel). Die Weihe dieses Hochaltares fand am 12. September 1911 statt.
Zelebrationsaltar und Ambo
In den liturgischen Schwerpunkten Ambo und Altar spiegeln sich die beiden großen Teile der Messfeier wider: Wortgottesdient (Ambo als Tisch des Wortes) und Eucharistiefeier (Volks- oder Zelebrationsaltar als Tisch des Brotes). Ihre „Vorgänger“ vor den liturgischen Reformen des Zweiten Vatikanischen Konzils sind Kanzel und Hochaltar.
Der wohltuend noble, vorgerückte und umschreitbare Zelebrationsaltar nach Entwurf von Anton Lederer aus Graz wurde nach Abschluss der Innenrenovierung am 11. Dezember 1994 eingeweiht. Auch Ambo und Taufstein (beim Josefsaltar) lehnen sich formal an den neuen Altar an.
Die Kanzel
Die Kanzel wurde am ersten rechten Wandpfeiler im Jahre 1859 aufgestellt. Der polygonale Korbbau ist durch eine Freitreppe zu erreichen. Der klassizistische Formenreichtum, der besonders durch die vergoldeten Reliefs hervorgehoben wird, trägt sehr zur Auflockerung der dunklen, grünbraunen Marmorierung bei. Diese Reliefs zeigen neben den vier Evangelisten Matthäus (Engel), Markus (Löwe), Lukas (Stier) und Johannes (Adler) auch die vier alttestamentlichen Propheten Daniel, Ezechiel, Jeremia und Jesaja (jeweils mit Attributen und Schriftrollen). Am Schalldeckel mit seinen kleinen, verzierten Quergiebeln ist der segnende Christus mit der Weltkugel in der linken Hand zu sehen.
Die sechs Seitenaltäre
Das dem Hochaltar folgende erste Paar der Seitenaltäre entstand um 1865 und steht formal noch weitgehend in der Tradition des Spätbarock. Der rechte Seitenaltar ist dem Heiligen Kreuz geweiht. Bei der dreiteiligen Gliederung sind Maria und Johannes die Assistenzfiguren zuseiten Christi. Alle drei Figuren der Kreuzigungsgruppe stammen noch vom Barockbildhauer Veit Königer, der sie 1768 für Eggersdorf geschaffen hatte. Jüngeren Datums sind die beiden Anbetungsengel und das Herz-Mariä-Bild.
Auch am linken Marienaltar wurde ein barocker Figurenschmuck wieder verwendet. Die Statue Maria mit dem Jesuskind wurde 1677 für die Eggersdorfer Rosenkranzbruderschaft geschaffen. Hier stehen als Assistenzfiguren Dominikus und Theresia von Avila sowie auf der Mensa ein Herz-Jesu-Bild.
Die nachfolgenden vier Seitenaltäre bedienen sich der neubarocken sowie neuromanischen Formensprache. Sie sind dreiachsig angelegt, mit zentralem Hauptbild, das von Pilastern bzw. Säulen eingefasst ist.
Die beiden Altäre an den Seiteneingängen sind auf der rechten Seite dem hl. Bartholomäus und auf der linken Seite dem hl. Joseph geweiht. Die beiden Altarbilder stammen wie das Hochaltarbild vom Grazer Maler Felbermayr. Am rechten Altar ist der hl. Bartholomäus dargestellt. Die seitlichen Statuen zeigen links den als Bewahrer des Beichtgeheimnisses verehrten hl. Johannes Nepomuk als Kleriker mit Buch und Kreuz; rechts der hl. Petrus mit dem Himmelsschlüssel und dem aufgeschlagenen Buch. Am Bild des linken Altares ist der hl. Joseph mit dem Jesusknaben zu sehen, begleitet von den Statuen des hl. Stanislaus Kostka (mit Kruzifix) und des hl. Vinzenz von Paul (mit Findelkind), des Gründers des Lazaristenordens; das kleine Mensa-Bild stellt den hl. Antonius von Padua dar, dem in einer Vision das Jesuskind erscheint.
Die beiden rückwärtigen Seitenaltäre sind pfarrlichen Vereinen, die als Nachfolger vergangener Bruderschaften anzusehen sind, gewidmet. Die Reliefs stammen jeweils von Jakob Gschiel, die Figuren von Alois Gapp. Der rechts aufgestellte Altar des Jünglings- und Burschenvereins ist dem hl. Aloisius geweiht. Der Jesuit Aloisius von Gonzaga (1568-1591), der sich in strengen Bußübungen auf den ihm offenbarten frühen Tod vorbereitete, ist hier am Betpult mit Totenschädel und Kruzifix dargestellt. Aloisius gilt als Patron der studierenden Jugend. Die flankierenden Statuen zeigen die heiligen Johannes den Täufer (Kreuzstab) und Paulus (Schwert und Schriftrolle); oben Rundmedaillon hl. Franziskus.
Der links aufgestellte Altar des Hausmüttervereins ist der hl. Anna geweiht und zeigt Anna, wie sie ihrer Tochter Maria das Lesen lehrt, dahinter steht Annas Mann, der hl. Joachim. Die seitlichen Statuen stellen die Königstochter und Märtyrerin hl. Barbara (Schwert und Hostienkelch) sowie die hl. Agnes (Lamm und Märtyrerpalme) dar.
Kapellen in der Pfarre
Kapelle in Prellerberg
Heutige Kapelle von 1923, erweiter 1958
Schafzahlkapelle in Haselbach
Kleine Kapelle mit Dachreiter, erbaut 1853; sie birgt die früher in der Eggersdorfer Pfarrkirche aufgestellte Gnadenstatue „Maria Elend“.
Kapelle in Stuhlingeregg („Zornkapelle“)
Anstelle eines barocken Pestkreuzes erster Kapellenbau 1906, jetziger Bau von 1936. Im Innenraum Glasfenster und Malereien von Franz Weiss, im Altarbereich Marienkrönung.
Quelle: Christliche Kunststätten Österreichs, Nr. 505
Verlag St. Peter, Salzburg 2009